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Student Conference "The European Spa Novel" (Berlin 2020)

Programme Student Conference European Spa Novel

Programme Student Conference European Spa Novel
Image Credit: Student Conference

Programme Student Conference European Spa Novel Time Table

Programme Student Conference European Spa Novel Time Table
Image Credit: Student Conference

Mme Chauchat's Famous Pencil, Student Illustration

Mme Chauchat's Famous Pencil, Student Illustration
Image Credit: Student Conference

Mme Chauchat's Pencil as a symbol for erotic exchange; Student Illustration

Mme Chauchat's Pencil as a symbol for erotic exchange; Student Illustration
Image Credit: Student Conference

Thomas Mann's Magic Mountain: From Foucault to Good Reads; Student Poster

Thomas Mann's Magic Mountain: From Foucault to Good Reads; Student Poster
Image Credit: Student Conference

In January 2020 the student conference "The European Spa Novel. A Journey in a Fur Sack to Davos and Beyond" takes place at the Peter Szondi Institute of Comparative Literature at Freie Universität Berlin. The conference is part of the seminar "The European Spa Novel" under the supervision of Henrike Schmidt in the winter semester 2019/20.

Introduction

Take a look at Thomas Mann's novel of the century "The Magic Mountain" / "Der Zauberberg" (1924): Hans Castorp plans to stay three weeks in the company of those "up there" when he travels to the Berghof Sanatorium for a visit to the sick. But he acclimatises, and what must come follows: He is sick himself. Castorp ends up spending a whole seven years in Davos, where his feeling for space and time shifts and he increasingly adapts to the regularity of everyday life in the sanatorium. In his fur sack, he succumbs to the "horizontal way of life", where minutes of temperature taking seem like a season, and conversely, the changes of season go by in a flash.

What is it then, that makes places like Davos so fascinating and attractive for literature? Which society is portrayed between the dining room and the rest cure? How real is illness when sickness itself becomes a social ideal? Starting from Mann's "Magic Mountain", we set out on a search for answers, with these questions constantly in our luggage. Various artistic and literary interpretations of the spa theme offer complex aspects and points of investigation, with the spa / sanatorium constantly oscillating between crisis and recreation, science and madness, protest and habit, as well as gossip and crime. This student conference presents the first results of the discussions on these topics. We cordially invite you to attend!

The seminar and the conference are associated with the research project "The European Spa as Transnational Public Space and Social Metaphor", funded by HERA (Humanities in the European Research Area) and the German Ministry of Education and Research BMBF.

Conference Organisation: Amelie Bergfeld, Pauline Hager, Maria Liebl

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Im Januar 2020 findet die studentische Konferenz „Der europäische Kurort-Roman. Eine Reise im Pelzsack nach Davos und darüber hinaus“ am Peter Szondi-Institut für Allgemeine und Vergleichende Literatur der Freien Universität Berlin statt. Die Vorträge entstanden im Rahmen des Blockseminars „Der europäische Kurort-Roman“ unter Leitung von Henrike Schmidt im Wintersemester 2019/20.

Zur Einführung

Ein Blick in Thomas Manns Jahrhundertroman "Der Zauberberg"(1924): Drei Wochen plant Hans Castorp in der Gesellschaft derer „hier oben“ zu bleiben, als er für einen Krankenbesuch ins Sanatorium Berghof reist. Doch er akklimatisiert sich, passt sich an und es folgt, was kommen muss: Er ist selbst krank. Ganze sieben Jahre verbringt Castorp in Davos, wo sich sein Gefühl für Raum und Zeit verschiebt, neue Maßstäbe setzt und sich mehr und mehr der Regelhaftigkeit des Sanatorium-Alltags anpasst. Er dämmert im Pelzsack in der „horizontalen Lebensweise“, wo Minuten Fiebermessen wie eine Jahreszeit erscheinen und sich umgekehrt der Wechsel der Jahreszeiten in Sekundenschnelle vollzieht.

Was ist es, das Orte wie Davos für dieLiteratur so faszinierend und reizvoll macht? Welche Gesellschaft wird zwischen Speisesaal und Liegekur abgebildet? Wie real ist die Krankheit, wenn das Kranksein selbst zum gesellschaftlichen Ideal wird? Ausgehend vom Mannschen "Zauberberg" begaben wir uns auf Spurensuche, diese Fragen stetig im Gepäck. Verschiedene künstlerische und literarische Umsetzungen des Kurort-Themas bieten vielschichtige Aspekte und Untersuchungspunkte: Stetig changierend zwischen Krise und Erholung, Wissenschaft und Wahn, Protest und Gewohnheit, sowie Klatsch, Tratsch und Krimi. Diese studentische Konferenz stellt erste Ergebnisse der Auseinandersetzungen mit jenen Themen vor. Dazu laden wir herzlich ein! Das Seminar und die Konferenz sind angebunden an das Forschungsprojekt "The European Spa as Transnational Public Space and Social Metaphor", gefördert von HERA (Humanities in the European Research Area) und dem Ministerium für Bildung und Forschung BMBF.

Konferenzorganisation: Amelie Bergfeld, Pauline Hager, Maria Liebl

 

Abstracts

Aghakishiyev, Famil: Dimensionen des Spielbegriffes in Dostojewskis "Der Spieler" 

Fjodor Dostojewski bedient sich in der Novelle „Der Spieler“ („Igrok“, 1866) einer symbolischen Sprache, welche die Mehrdimensionalität des Begriffs „Spiel“ aufdeckt. Die einzelnen Dimensionen werden durch die Spielsucht des Protagonisten erläutert: Zu Beginn der Handlung ist Alexei verliebt und spielt nur wegen Polina. Als sie ihn aber verlässt, ersetzt das Roulette seine Leidenschaft und er sinkt zunehmend in eine sinnlose Spielsucht. Wie Gary Rosenschield schreibt, muss die Spielsucht nicht unbedingt das Roulette oder Glücksspiel bedeuten: Alexei ist spielsüchtig im weit gefassten Sinne. Durch die Neigung seines Protagonisten wird Dostojewskis Philosophie des Spieles erläutert: Alexei war schon lange vor dem Roulette spielsüchtig, er war bereit für die Liebe sein Leben aufs Spiel zu setzen. Diese Philosophie ist für Dostojewski eng mit dem „Russisch-Sein“ verbunden: daher bezeichnet er das Roulette in der Novelle als „ein Spiel für Russen“. Im Laufe folgendes Vortrags wird zunächst versucht, das Spiel als einen unerlässlichen Begriff in Dostojewskis Philosophie zu vermerken. Daran anschließend wird die symbolische Rolle des Roulettes als „eines russischen Spieles“ in dem „Spieler“ analysiert. Eine den meisten Werken Dostojewskis eigentümliche Ambivalenz lässt sich auch im „Spieler" erkennen: Das Spiel interessiert und fasziniert ihn als eine dem religiösen Bewusstsein feindliche Dimension. Es wird zu einem diabolischen Verführer, dessen Verlockung zwar einen Abstieg in das metaphorische Dunkel bedeutet, während aber gerade dieses Wagnis für Dostojewski zu einem unerlässlichen Merkmal des russischen Charakters gehört.


Bechtold, Lisa Marie: "Der Geldkomplex" von Franziska von Reventlow: Das Sanatorium als Rückzugsort für Gescheiterte

„Der Geldkomplex“ unterwandert die Vorstellung von Sanatorien als Orte, deren primäres Ziel es ist, Erkrankte aufzunehmen und angemessen zu behandeln. Die Nervenheilanstalt wird dargestellt als Einrichtung mit vorrangig ökonomischen Interessen.Die Protagonistin schleicht sich als Simulantin unter unglaubwürdigen Vorwänden ins Sanato-rium ein. Geht man davon aus, dass eine psychische Erkrankung die Eintrittskarte ins Sanatorium darstellt, müsste ihr der Eintritt verwehrt werden. Das ist nicht der Fall. Die Vorausset-zung einer psychischen Erkrankung als Eintrittskarte ins Sanatorium wird destruiert. Eintreten kann jede*r, der/die zahlen kann. Im weiteren Verlauf höhlt die Protagonistin weitläufig die Ordnungsstruktur des Sanatoriums aus. Sie schafft sich ein eigenes Milieu innerhalb der geschlossenen Gemeinschaft. Behandlungen und andere Zeit-und Ordnungsvorgaben werden völlig außer Acht gelassen. Wie schon die Einrichtung Sanatorium als ökonomisch motivierte Einrichtung aufgedeckt wird, wird auch die Psychoanalyse und die psychoanalytische Terminologie nach außen gewendet und auf Materielles angewendet. Schon der Titel, der zugleich die angebliche psychische Erkrankung der Protagonistin bezeichnet, ist eineparodistische Wortneuschöpfung.

 

Diestel, Katharina Sophie: Der Kurkörper als Widerstandskörper. Ferdinand Schmalz‘ der thermale widerstand

Entspannt relaxen die Thermalbadpatienten in ihren Kurkörpern, identifizieren sich mit ihren Krankheitssymptomen, sind nur Körper – widerständige kranke Körper an einem Ort körperlichen Ungehorsams. Bis das Thermalbad überraschend zum wettbewerbsfähigen Wellnesstempel umgebaut werden soll und die finanziellen Einnahmen plötzlich über den heilenden Thermalquellen, die Industrie über dem Gemeinschaftssinn stehen und ein Bademeister zum Untergrundkämpfer wird. Ferdinand Schmalz‘ der thermale widerstand wurde 2016 am Schauspielhaus Zürich uraufgeführt und bezieht sich im Titel auf Hans von Dachs Werk Der totale Widerstand (1957). Schmalz setzt sich in diesem, von (Kurbad-)Wortspielen nur so wimmelnden Theaterstück auf ironisch-komische und kritische Weise mit dem Kurort als Spiegel der Wohlstandsgesellschaft auseinander und zeigt dabei gleichzeitig das Potenzial des Thermalbads auf, als Keimzelle Widerstandskörper gegen Schönheits- und Wellnessindustrie sein zu können. Das Kurbad, der Nicht-Ort, wird Raum politischer Auseinandersetzung.
Der Vortrag soll sich mit den genannten Themen sowie mit folgenden Fragen beschäftigen: Welche Rolle spielt der kranke (Kur-)Körper in der Gesellschaft? Wem gehört das Kurbad? Und wie funktioniert thermaler Widerstand? Was passiert, wenn sich Unwellness breitmacht?

 

Hidi, Denisa-Andra: Krankheit im Sanatorium - Wenn Illusion zur Realität und Realität zur Illusion wird. Dennis Lehanes "Shutter Island"

In seinem Roman “Shutter Island”, dessen Handlungsort ein auf einer Insel von der Außenwelt isoliertes Sanatorium für Schwerstfälle ist, stellt Dennis Lehane den Leser in eine Situation, in der jede Sicherheit was Realität und was Illusion ist entfernt wird. U.S. Marshal Teddy Daniels kommt mit seinem Kollegen Chuck Aule zum Sanatorium, um den rätselhaften Fall einer spurlos verschwundenen Patientin aufzulösen. Als sie entdecken, dass geheime Experimente an Patienten durchgeführt werden, wird Teddy gesagt, dass er selbst ein Patient und verrückt ist und alle seine Erlebnisse, seit er Fuß auf die Insel gesetzt hat, inszeniert waren, damit er seine Verrücktheit ausleben und möglicherweise zu Besserung kommen kann. Selbst sein Kollege soll daran beteiligt gewesen sein. Teddy beginnt selbst an seiner geistigen Verfassung zu zweifeln. Die gesamte Realität, die der Roman bis dahin aufgebaut hat, wird angezweifelt. Das Sanatorium wirkt als ein Umfeld, in dem Krankheit als einzige Realität existiert und selbst eigentlich gesunde Menschen zweifeln lassen kann, ob sie den wirklich gesund sind. Krankheit wird eher und schneller als Realität angenommen, als in einem anderen Umfeld. Die Frage ist jedoch, ob diese Krankheit wirklich Realität ist, oder nur eine Illusion, die vom Umfeld und den Menschen im Umfeld zur Wahrheit gemacht wird. Verstärkt das Sanatorium also als Umfeld den Realitätsanspruch von Krankheit, macht Krankheit sogar zur Realität, wenn sie eigentlich nur eine Illusion ist? Und ist das Sanatorium ein Umfeld, dass Patienten in Krankheit gefangen hält und eigentlich gar keinen Ausweg in eventuelle Heilung oder Besserung bieten kann, da es ein Umfeld ist, das nur auf der Realität von Krankheit basiert und somit entgegengesetzt zu dem Konzept von Gesundheit selbst steht? Kann Gesundheit somit im Umfeld des Sanatoriums überhaupt existieren?

 

John, Miriam: "A building both symmetrical and asymmetrical“. Kriegserinnerung und Krankheitserfahrung in Linda Grant’s The Dark Circle (2016)
(nicht-öffentlich)

Das Sanatorium in Linda Grants Roman versammelt ein weitreichendes Ensemble an Figuren, die durch ihre Repräsentationskraft das Sanatorium selber zur Metapher der britischen Nachkriegsgesellschaft werden lassen. Als nahezu universal wird dabei die persönliche und gesellschaftliche Betroffenheit durch Kriegserfahrungen dargestellt – kontrastreich jedoch darin, wie individuelle Figuren die Erinnerung an den Krieg mit ihren Erfahrungen im Sanatorium verbinden und schlussendlich Traumata überwinden oder diese entstehen. Im Vortrag soll aufgezeigt werden, wie Grant unter dem Zeichen des vergangenen Krieges drei (agierende) Instanzen zueinander in Beziehung setzt: Archetypen der traumatischen Kriegserfahrung (ehemalige Soldaten sowie Opfer der Nazi-Verfolgung), Vertreter einer jungen, „daheimgebliebenen“ Generation und das Sanatorium selbst als Raum und Schauplatz.

Es gilt, diese Instanzen zu identifizieren und ihre Wechselbeziehung zueinander zu beschreiben. Schlussendlich wird vor allem aufgrund der Kriegsmetaphorik, die durch interne Fokalisierung stark divergiert, deutlich, inwieweit sich die einzelnen Instanzen unterscheiden: Es findet ein zwischen den Akteuren asymmetrischer Erlebnisprozess von Sanatorium und Krankheit statt, jedoch aber ein symmetrischer Prozess des Trauma, welches für Grants Figuren annähernd mit dem Krieg gleichgestellt wird. Das Sanatorium wird für die einen zum Rückzugsort vom eigenen Trauma und für die anderen zum Kriegsschauplatz selbst, während das Sanatorium an sich als Zeichen einer vergangenen Zeit schlussendlich innerhalb einer Gesellschaft im Umbruch zerfällt.

 

Kose, Nadine: Psychoanalytische Konstrukte in Thomas Manns "Zauberberg"

In diesem Vortrag soll zunächst ganz konkret auf die Darstellung der Psychoanalyse als praktischem Verfahren und ihrer Vertreter (Dr. Krokowski) im Roman eingegangen werden; auffällig ist hier die ironisch-verzerrende Darstellung; inwieweit kann dies als Diskreditierung des Therapieverfahrens und der Theorie der „Seelenzergliederung“ gelesen werden? Es gibt Notizen Thomas Manns, die über seine Ansicht der Thematik Auskunft geben können (Tagebucheintrag vom 16. Dezember 1919, „Mein Verhältnis zur Psychoanalyse“). Krokowskis Vortrag „Die Liebe als krankheitsbildende Macht“ verarbeitet Freuds „Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie“ parodistisch; welche im Roman verzerrt wiedergegebene Elemente können in der Vorlage identifiziert werden?

Als „Wiederkehr des Verdrängten“ im psychoanalytischen Sinn kann das Wiedererkennen von Castorps Jugendschwarm Hippe in der Mitpatientin Clawdia aufgefasst werden. Inwieweit lassen sich die Episoden, in denen jeweils ein Bleistift eine zentrale Rolle in der Begegnung mit Castorp spielt, als von einer phallischen Symbolik aufgeladen deuten; lassen sich weitere psychoanalytische Begriffe von Penisneid und Kastrationsangst in diese Deutung mit integrieren? Inwiefern kann der Handlungskomplex Hippe/Chauchat und der Roman insgesamt unter dem Konzept des Liebes- und Todestriebs gelesen werden?

 

Mosner, Lydia: Jane Austens Persuasion. Klatsch im Kurort
(nicht-öffentlich)

Jane Austen nutzt in ihren Romanen Gerüchte und Klatsch, um wichtige Handlungsstränge aufzudecken und eine Verknüpfung zwischen Charakteren zu ermöglichen. Mein Vortrag wird sich damit auseinandersetzen, inwiefern sich besonders der Kurort im Roman „Persuasion" („Überredung", 1815-16) als Brutstätte für Gerüchte eignet und welche ambivalente Rolle der Klatsch erhält. Der Kurort Bath ist dabei der geeignete Ort, um Gerüchte als Mittel zum Erzeugen von Handlungsdichte zu verwenden. Alle relevanten Personen für die Handlung befinden sich nah beieinander in einer Stadt anstatt weit verteilt auf Landgütern, entweder aus gesundheitlichen oder aus gesellschaftlichen Gründen. Zudem wird durch die Krankheit und ihre Pflege eine besondere Verbindungsfigur erzeugt, die der Krankenschwester. Sie dient als der ultimative Informationsträger räumlich zwischen Häusern und sozial zwischen gesellschaftlichen Schichten. Einerseits werden durch den Tratsch falsche Informationen verbreitet, die die Protagonistin unter Druck setzen. Andererseits ermöglichen gerade diese Falschinformation und deren persönliche Aufklärung überhaupt die Weiterentwicklung der Handlung und tragen bei einigen Charakteren auch zur „Heilung“ bei.


Roth, Lara Nikola: Die Frauenemanzipation im europäischen Kurort im 19. Jahrhundert

Das perfekte Bild der bürgerlichen Frau, die in der Küche kocht, den Haushalt führt und dem Mann möglichst viele Kinder schenkt, fängt zu bröckeln an, seit Massen an Frauen nach der Revolution 1848 ihr eigenes Glück, ihre eigene Freiheit und nach der Befriedigung ihrer persönlichen Willkür suchten. Der Beginn der Frauenemanzipation war nicht mehr aufzuhalten. Zu viele Frauen, wie zum Beispiel Fanny Lewald, plädierten auf die Emanzipation der Frau zur Arbeit oder der Freiheit sich alleine im öffentlichen Raum bewegen zu können. Gleichzeitig befindet sich der Kurort in seiner Hochblüte, wurde zunehmend touristisch und bot einen Raum, indem alle Kurbesucher gleichgestellt- und die sozialen Normen gelockert wurden. Doch entsprach die Gleichstellung aller Besucher der Realität? Oder blieb die Frau innerhalb der Kurgesellschaft trotzdem das schwache Geschlecht, die mit Übergriffen, Demütigung und sozialen Abstieg rechnen musste, wenn sie sich ohne Begleitung auf Promenaden befand oder sich falsch verhielt. Dieser Frage werde ich in meinem Referat nachgehen.


Olavarria, Elisa: Walter Kappachers "Fliegenpalast". Der Kurort als Ort der persönlichen Krise
(nicht-öffentlich)

Walter Kappacher beschreibt in „Der Fliegenpalast“ einen Hugo von Hoffmannsthal, der im sich im Niedergang befindenden Bad Fusch absteigt. Der Ort, der ihn in seiner Jugend beflügelte und inspirierte, wird nun zum Schauplatz von Hoffmannsthals Schreibblockade und bröckelnder Gesundheit. Der Kurort scheint parallel mit dem Schriftsteller gealtert zu sein und führt ihm seine verlorenen sozialen Kontakte, unvollendeten Werke und unbewältigte Kränkungen vor Augen. Hoffmannsthal braucht unbedingt einen neuen Anlauf, „another go“, den er sich stets von einem Ortswechsel erwartet und der doch ausbleibt. Häufig erinnert der Schriftsteller sich an seine Jugend, in der ihm auf Wanderungen ganze Gedichte ganz einfach in den Sinn kamen. Er führt dies auf die perfekten Bedingungen in diesen besseren Zeiten zurück und ist darum wie ein Getriebener auf der Suche nach dem perfekten Ort, der vollkommensten Ruhe und dem günstigsten Barometerstand. Sein Ideal des Kurortes soll eine Lösung seiner Probleme mit sich bringen, scheint ihn jedoch in der Realität aufzuhalten.

Bad Fusch ist eine Art Spiegel für den Schriftsteller, der sich widerwillig eingesteht, dass der von ihm verehrte Kaiser die Schuld am 1. Weltkrieg trägt, aber trotzdem nie in der Gegenwart ankommt. Kurort, Schriftsteller und europäische Moderne befinden sich parallel zueinander im Untergang, während der zweite Weltkrieg selbst in dem entlegenen Ort abzeichnet.

 

Schoppe, Cecilie Elisabeth: Agatha Christies „Evil Under the Sun“: Der Kurort als Handlungsschauplatz des Verbrechens

Der Kurort als Handlungsschauplatz schafft für viele unterschiedliche Genres eine großartige Bühne, ein kleines abgeschlossenes Reich, in dem Aktion und Reaktion der Figuren eingefangen werden können. Agatha Christies Werk „Evil Under the Sun“ (dt. „Das Böse unter der Sonne/Rätsel um Arlena“) ist ein Rätsel- und Detektivkriminalroman, der sich am Modell des Kur- bzw. Ferienorts bedient und diesen zu seinem primären Handlungsraum bestimmt. Ein fiktives Resort namens „Jolly Rogers“ beherbergt den berühmten Meisterdetektiv Hercule Poirot, dem eine gesundheitliche Zwangspause verordnet wurde. Und es kommt wie es kommen muss, ein überraschender Mord bringt den sonst so harmonischen Ort durcheinander – wie Poirot sagt: „There is evil everywhere under the sun.“

Im Laufe meines Vortrags möchte ich erläutern wie Detektivromane, in diesem Fall vor allem Rätselkrimis, aufgebaut sind und deren zentrale Motive  anführen. Im Anschluss wird erörtert, weshalb sich der Kurort besonders gut als Schauplatz für Verbrechen und die darauf folgende Ermittlung eignet. Zuletzt möchte ich jedoch auch die Grenzen und Problematiken ansprechen, die aus der Verwendung des Kurorts bzw. eines Resorts hervortreten können und Vorschläge, wie es möglich wäre, diese zu beheben.